Preisträger 2010
Daniel Barenboim
Vielfältige Bemühungen um Annäherung und Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern, unermüdliches Engagement für Völkerverständigung und Dialog im Nahen Osten - dieses Lebensziel verfolgt Daniel Barenboim. Der Dirigent und Pianist setzt dabei weniger auf die Macht des Wortes am Redner-, sondern im Zusammenspiel mit dem von ihm gegründeten West-Eastern Divan-Orchester am Dirigentenpult auf die Macht der Musik. Eine Kulturinitiative, die gleichwohl hochpolitisch ist und getragen wird von der Vision einer Annäherung und eines friedlichen Zusammenlebens verfeindeter Volksgruppen.
Barenboim ist ein wahrer Kosmopolit. Er wurde am 15. November 1942 in Argentinien geboren und hat die argentinische, israelische und spanische Staatsbürgerschaft ebenso wie einen Pass der palästinensischen Autonomiebehörde. Er trat zuerst als vielbeachteter Pianist in die Öffentlichkeit, doch weltweite Prominenz erlangte Barenboim als Dirigent. Seine Auftritte und Aufnahmen haben maßgeblich dazu beigetragen, klassische Musik einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Barenboim ist ein politischer Künstler, der seine Kunst auch nutzt, um sich aktiv für die Annäherung und Versöhnung der Bevölkerungen in Israel und Palästina einzusetzen. Dabei bricht er auch diverse Tabus: So dirigierte er das erste Wagner-Konzert, das nach dem Krieg auf einer israelischen Bühne gespielt wurde, was eine große Debatte in der israelischen Öffentlichkeit auslöste.
Am 16. April 2009 trat Daniel Barenboim zum ersten Mal in Ägypten auf. Im Opernhaus in Kairo dirigierte er das Cairo Symphony Orchestra, auf dem Programm stand die 5. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Sein Auftritt war im Vorfeld aus politischen Gründen heftig umstritten. Mit diesen Provokationen möchte Barenboim zeigen, dass Musik die Menschen über Grenzen, Religionen und Nationen hinweg verbindet.
Zwischen Februar und April 2006 hielt Barenboim zudem an verschiedenen Orten (London, Chicago, Berlin, Ost-Jerusalem und West-Jerusalem) für die BBC-Reihe der „Reith-Lectures“ Vorträge, die aufzeigen sollten, „dass Musik im Zentrum dessen steht, was wir als menschlich bezeichnen“.
West-Eastern Divan-Orchestra
Das West-Eastern Divan-Orchestra ist ein in Sevilla angesiedeltes Orchester aus arabischen und jüdischen Musikern aus verschiedenen Staaten des Nahen Ostens. Daniel Barenboim und der inzwischen verstorbene Literaturwissenschaftler Edward Said gründeten das Orchester 1999 und benannten es nach einer Gedichtanthologie von Johann Wolfgang von Goethe.
Das Ziel des West-Eastern Divan-Orchestra ist es, das Verständnis von Israelis und Palästinensern zu fördern. Die Musiker möchten den Weg hin zu einer friedlichen und gerechten Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts ebnen. Einer der jungen Künstler beschrieb das außergewöhnliche Orchester mit den Worten: „Barenboim sagt immer, dass dieses Projekt nicht politisch ist. Aber dieses Orchester ist ein politisches Statement beider Seiten und das ist großartig. Das Orchester ist ein menschliches Laboratorium, das der ganzen Welt zeigen kann, wie man miteinander auskommen kann.“
Im August 1999 fand das erste Arbeitstreffen der Musiker in Weimar statt. 2000 trafen sich die Musiker wiederum in Weimar, 2001 in Chicago und seit 2002 in Sevilla in der spanischen autonomen Region Andalusien. In dessen Provinz Granada lebten vor Jahrhunderten Juden, Muslime und Christen friedlich und sich gegenseitig bereichernd zusammen. Die Sommertourneen führen das Orchester regelmäßig über mehrere Kontinente. Im August 2005 fand ein vielbeachtetes Konzert in Ramallah statt, das in vielen Ländern live im Fernsehen übertragen wurde.